ANATOMIE DER WÜNSCHE / RECHERCHE RESIDENZ / KOLLEKTIV RICCARDO MOEBIUS


Showing / Making OFF
Samstag 10. August 2024
20.00 Uhr
Meta Theater, Osteranger 8, 85665 Moosach bei Grafing


Karten:
Eintritt frei


Die Gegenwart, in der wir leben, ist geprägt von Umbrüchen und Verschiebungen, von Infragestellungen und Neustrukturierung. Der Westen wird nicht mehr „Der Westen“ sein, der Osten nicht „Der Osten“ bleiben. Begriffe wie Macht, Einfluss und Relevanz erfahren neue, teils weitreichende Zuschreibungen und Definitionen. Wie steht es um Europa, in welchem wir aufgewachsen sind als ein begreifbares Koordinatensystem und als Institution für Frieden? In dem wir Europäer mit Pass und Ausweis momentan trotz Grenzen noch frei und ungehindert reisen können? Nach teils geschlossenen Grenzen während der Pandemie spüren wir nun einen den gesamten Kontinent durchziehenden Rechtsruck und damit einhergehend vermehrt Identitätskontrollen, um Menschen daran zu hindern, zu uns zu kommen. Wir haben in der Vergangenheit mithilfe von Nachtzügen, deren Netz quer durch Europa mittlerweile wieder Schritt für Schritt erweitert wird, unseren Kontinent durchstreift, um herauszufinden, auf was wir stoßen, was sich unterwegs sammeln, bewahren und entwickeln lässt. Nachts erfahren wir eine andere Zeitrechnung, andere Spezies reisen mit uns als am Tag. Wir sind teils als wir selbst gereist, teils als Figuren, die wir erdacht haben. So reisen wir z.B. im Hochzeitskleid quer durch Europa auf der Suche nach einem vermissten, geliebten Menschen. Diese reisende Person ist vielleicht schon mehrere Jahre auf der Suche als ein Leben zählen kann. Ein weißes Gespenst, eine Königin der Nacht. Sie begegnet Fremden auf Fluren, im Bordbistro, im Abteil in verschiedenen Ländern und fragt sie nach der Anatomie ihrer Wünsche, ihren Sehnsüchten, Ängsten und nach den verpassten Möglichkeiten, die sie ihr Leben nennen. Egal, woher sie kommen. Auf welche Weise wir diese gesammelten Ton- und Bildaufnahmen sowie Polaroids zusammen fügen werden und was wir live ergänzen, gilt es zu erforschen.
Wir sind überzeugt: Das ist wichtig für das, was kommt — denn den offenen Blick muss man trainieren und unsere Sinnlichkeit auch. Was untertags verborgen bleibt, kann zwischen Schlaf- und Liegewägen, zwischen abendlichem Abfahren und morgendlichem Ankommen, freigesetzt werden. Wie lassen sich die Erlebnisse einer Nachtzugreise umwandeln? Wie können wir die im Kontext der Reisen vorgefundene Figuren und Biografien und die entstandenen fiktiven wie dokumentarischen Geschichten erlebbar machen? Diesen und weiteren Fragen gehen das Kollektiv Riccardo Moebius mit Llewellyn Reichman, Katharina Uhland, Konstantin Bühler und Maximilian im Rahmen ihrer Recherche Residenz nach, unter dem Dach des META THEATER in der Residenzförderung des Fonds Darstellende Künste in Kooperation mit flausen+.